Ladestationen sind zwingend für das Heimladen

09.11.2023
Das im CO₂-Gesetz vom Bundesrat vorgeschlagene Förderprogramm für Heimladestationen wurde in der politischen Diskussion unlängst als «Luxus» bezeichnet. Heimladen solle stattdessen über Haushaltssteckdosen vorgenommen werden können. Das ist alles andere als eine gute Idee, denn die Heimladestation (Wallbox) ist eine zwingende Voraussetzung für den Dauerbetrieb zum Laden von Elektroautos.

Die Elektromobilität nimmt immer mehr Fahrt auf. Die Absatzzahlen von Steckerfahrzeugen steigen kontinuierlich. In der ersten Hälfte des Jahres 2023 war über ein Viertel der neu immatrikulierten Fahrzeuge ein Elektroauto. Dies ist eine sehr positive Entwicklung, ist doch die Elektrifizierung des Verkehrs ein wichtiger Faktor bei der Dekarbonisierung unseres Energiesystems.

Noch nicht ganz mithalten mit dieser Entwicklung kann allerdings der Ausbau der zur Elektrifizierung des Verkehrs notwendigen Ladeinfrastruktur. Zwar lassen – wo möglich – immer mehr Eigenheimbesitzer eine Ladestation oder Wallbox bei sich zu Hause einbauen. Weniger rosig ist die Situation hingegen für Mieterinnen und Mieter sowie Stockwerkeigentümerinnen und -eigentümer in Mehrfamilienhäusern: Sie können nicht autonom eine Ladestation an ihrem Einstellplatz installieren, sondern sind auf das Entgegenkommen von Immobilienbesitzern, Verwaltungen und nicht zuletzt ihrer Miteigentümerinnen und -eigentümern angewiesen.

Förderprogramm im CO2-Gesetz

Um den Einbau von Heimladestationen und damit den Ausbau des elektrifizierten Verkehrs voranzutreiben, hatte der Bundesrat im Rahmen der Revision des CO2-Gesetzes, eine entsprechende Fördermassnahme vorgeschlagen. Er will damit gezielt Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge fördern, was ihm 180 Millionen Franken wert ist. Der VSE steht dieser Förderung grundsätzlich positiv gegenüber. Um den Umbau des Energiesystems auch durch die Bereitstellung der notwendigen Infrastrukturen voranzubringen, erachtet er allerdings die Unterstützung des Aufbaus von Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge im öffentlichen Raum als ebenso wichtig wie jene im privaten Bereich.

Nun ist diese Fördermassnahme für private Ladestationen im Ständerat unter Druck geraten. Dieser vertritt nämlich die Meinung, dass die Installation von privaten Ladestationen auch Sache von Privaten sei und nicht vom Bund gefördert werden müsse, und entsprechend strich er diese Förderung aus dem neuen CO2-Gesetz. Unter anderem wurde im Ständerat auch damit argumentiert, dass Elektrofahrzeuge ja auch einfach an einer Haushaltsteckdose geladen werden könnten und dass gar keine teure Ladeinfrastruktur nötig sei.

UPDATE: UREK-N spricht sich für Förderung aus

Die Emissionsverminderung im Landverkehr soll mit einer Reihe von Massnahmen gefördert werden. So beantragt die Kommission in ihrer Sitzung vom 9. November 2023 mit 16 zu 8 Stimmen, die Basisinstallation von Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge zu fördern, und stellt sich damit gegen den Ständerat. Ein Teil der Mineralölsteuereinnahmen, maximal 20 Millionen Franken pro Jahr, sollen in Zukunft für Basisinstallationen in Mehrfamilienhäusern, Betrieben und auf öffentlichen Parkplätzen eingesetzt werden. Mit dieser Anstossfinanzierung will die Kommission die besonderen Hürden zur Nutzung von Elektroautos an diesen Orten reduzieren. Eine Minderheit der Kommission spricht sich gegen die Fördermassnahme aus. Weitere Minderheiten beantragen einen höheren Betrag analog zum Bundesrat respektive eine Beschränkung auf Wohn- und Arbeitsorte.

Sicherheit, Steuerbarkeit und Kosteneffizienz gibt es nur mit Ladeinfrastruktur

Ein Elektrofahrzeug an der Haushaltssteckdose zu laden, ist grundsätzlich zwar möglich, aber absolut nicht empfehlenswert. Zu dieser Methode sollte daher nur im äussersten Notfall gegriffen werden. Gegen das Laden an Haushaltssteckdosen sprechen an erster Stelle Sicherheitsbedenken. Solche Steckdosen sind zwar für 16 Ampere Belastung ausgelegt, welche aber nur kurzzeitig anliegen dürfen (Spitzenbelastung). Werden Haushaltssteckdosen über einen längeren Zeitraum mit 16 Ampere belastet (Dauerbelastung), können sich die Steckdose oder die Zuleitung im Gebäude stark erhitzen, was im Extremfall zu Bränden führen kann. Wallboxen hingegen werden mit einem für solche Dauerleistungen ausgelegten Kabel angeschlossen und sind auf Dauerlasten ausgelegt. Darüber hinaus verfügen zertifizierte Ladestationen über Fehlerschutzschalter, welche den Stromkreis im Falle eines Fehlers unterbrechen. Aus diesen Gründen wird weltweit die Verwendung von Wallboxen empfohlen.

Hinzu kommt, dass Ladevorgänge zur optimalen Netzentlastung gesteuert werden (Lade- und Lastmanagement). Dies ist nur über intelligente Ladesysteme möglich, über welche Haushaltssteckdosen nicht verfügen. Haushaltssteckdosen sind im Gegensatz zu Wallboxen auch nicht in der Lage, die sinnvolle Verwendung von Solarstrom über die gebäudeeigene PV-Anlage zu steuern. Und schliesslich wurde im soeben vom Parlament verabschiedeten Mantelerlass die Grundlage gelegt, dass Elektroautos als Speicher zukünftig eine Rolle spielen können. Auch zur Nutzung dieser Potenziale (Erhöhung der Versorgungssicherheit, Reduktion der Systemkosten um bis zu 6,5 Milliarden Franken, bis zu 70% bessere Nutzung von Solarstrom und Optimierung der Marktpreisunterschiede, gemäss einer ETH-Studie) sind Ladestationen unumgänglich.

Drittens lohnt sich die Investition in eine Ladeinfrastruktur auch aus Kostengründen. Das Laden über die Haushaltsteckdose führt nicht nur zu längeren Ladedauern, sondern auch zu höheren Ladeverlusten und somit zu mehr Energiekosten und schlechter Energieeffizienz. Zu den oben erwähnten Nachteilen kommt also hinzu, dass jede Ladung via Haushaltssteckdose teurer wäre als an einer Wallbox und ausserdem den Effizienzbestrebungen zuwiderliefen würde.

Notwendig und kein «Luxus»

Auch wenn es auf den ersten Blick also verlockend einfach scheint, ist das dauernde Laden eines Elektrofahrzeugs an einer Haushaltssteckdose absolut nicht empfehlenswert. Die Investitionen in Ladestationen sind allein schon aus Sicherheitsgründen unumgänglich. Darüber hinaus machen sie sich in mehrfacher weiterer Hinsicht bezahlt, indem sie auch Intelligenz und Effizienz ermöglichen. Damit diese auch für das Stromsystem einen Nutzen bringen, muss eine Förderung an die Bedingung geknüpft sein, dass die Installationen kommunikationsfähig sind und ein Lastmanagement durch den Verteilnetzbetreiber erlauben. Das ist kein «Luxus», sondern notwendig auf dem Weg zu den Energie- und Klimazielen der Schweiz.