Kein Korsett für die schweizer Wirtschaft

Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates lehnt die Umweltverantwortungsinitiative der Jungen Grünen ohne Gegenvorschlag ab. Eine Minderheit spricht sich für das Initiativanliegen aus, eine weitere schlägt einen Gegenentwurf ohne verbindliche Umsetzungsfrist vor.
14.05.2024

Das ist eine Medienmitteilung der UREK-N – die darin publizierten Inhalte geben nicht notwendigerweise die Meinung des VSE wieder.

 

Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates (UREK-N) hat die Volksinitiative «Für eine verantwortungsvolle Wirtschaft innerhalb der planetaren Grenzen» (Umweltverantwortungsinitiative; 24.021) behandelt. Die Initiative wurde im Februar 2023 von den Jungen Grünen eingereicht. Sie fordert, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten der Schweiz nur so viele Ressourcen verbrauchen und Schadstoffe freisetzen, als dass unsere natürlichen Lebensgrundlagen erhalten bleiben. Die Kommission hat die Initiative mit 15 zu 8 Stimmen abgelehnt und folgt damit dem Entscheid des Bundesrates. Eine Minderheit spricht sich für die Annahme der Initiative aus. Eine weitere Minderheit beantragt einen direkten Gegenentwurf (8 zu 15 Stimmen). Dieser übernimmt den Wortlaut der Initiative, allerdings ohne eine Übergangsfrist vorzuschreiben wie im Initiativtext.

Aus Sicht der Mehrheit würde die Initiative zu stark in die Wirtschaftsfreiheit eingreifen und hätte Wohlstandsverluste für die Schweiz zur Folge, insbesondere aufgrund der starren Umsetzungsfrist von zehn Jahren. Mit einer solchen Verfassungsänderung würde die Schweiz Wettbewerbsnachteile für ihre Wirtschaft riskieren, da sie sich international auf einen Alleingang begeben würde. Zudem seien bereits diverse Bestrebungen im Sinne des Initiativanliegens am Laufen, unter anderem das CO2-Gesetz, der Mantelerlass sowie Massnahmen im Bereich der Kreislaufwirtschaft und Biodiversität.

Die Kommissionsminderheiten argumentieren hingegen, dass eine intakte Umwelt die Grundlage dafür sei, um überhaupt wirtschaften zu können. Da unsere Ressourcen beschränkt seien, müsse unsere wirtschaftliche Entwicklung innerhalb der planetaren Grenzen erfolgen. Mit den planetaren Belastungsgrenzen verwende die Initiative dabei ein international anerkanntes wissenschaftliches Instrument.

Einheitliche Besteuerung der privaten Photovoltaik 

Die Kommission hat sich zum zweiten Mal mit der parlamentarischen Initiative 21.529 «Harmonisierte Besteuerung von Abnahmevergütungen aus der Stromproduktion von Fotovoltaikanlagen» befasst und dabei - unter Einbezug der Eidgenössischen Steuerverwaltung - die steuerrechtlichen Aspekte vertieft diskutiert. Die Kommission möchte bei der privaten Photovoltaik unnötige bürokratische Hürden abbauen und über die Kantone hinweg eine steuerliche Gleichbehandlung anstreben. Sie möchte daher die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Besteuerung von kleinen Photovoltaikanlagen überarbeiten und hat dazu mit 20 zu 0 Stimmen bei 4 Enthaltungen eine Kommissionsinitiative mit dem Titel «Harmonisierung der Besteuerung von Einnahmen aus Photovoltaik» (24.425) verabschiedet. Die parlamentarische Initiative 21.529 wurde von ihrem Urheber zurückgezogen.

Neue Regeln für die Energiemärkte

Die Kommission hat den Entwurf für ein Bundesgesetz über die Aufsicht und Transparenz in den Energiegrosshandelsmärkten (23.083) einstimmig angenommen. Aus Sicht der Kommission wird damit eine wichtige Gesetzeslücke geschlossen: Marktmanipulation und Insiderhandel sollen zukünftig auch im Energiegrosshandel verboten sein. Mit dem neuen Gesetz werden die Teilnehmenden am Energiemarkt verpflichtet, der Elcom Daten über ihre Transaktionen abzuliefern und Insiderinformationen zu veröffentlichen. Die Elcom erhält eine rechtliche Grundlage, um den Energiegrosshandel zu überwachen und unzulässiges Marktverhalten zu ahnden.

Der Energiegrosshandel ist international stark vernetzt und viele Schweizer Akteure müssen bereits heute die regulatorischen Anforderungen der EU erfüllen. In der EU sind in diesem Bereich erst diesen Monat neue Regelungen in Kraft getreten. Mit verschiedenen Änderungsanträgen möchte die Kommission sicherstellen, dass die Schweizer Regulierung von Anfang an mit der Rechtslage in der EU kompatibel ist und somit der administrative Zusatzaufwand für die Marktteilnehmenden so klein wie möglich ist.

Die Kommission spricht sich deshalb dafür aus, neu auch den algorithmischen Handel und direkte elektronische Zugänge zu organisierten Energiehandels-Marktplätzen zu regulieren. Weiter werden zusätzliche Auskunftspflichten vorgesehen: Organisierte Märkte sollen der Elcom Einsicht in alle Transaktionen und Handelsaufträge geben, ausserdem können von den Marktteilnehmenden Angaben über ihre Risikopositionen verlangt werden. Da im Schweizer Recht für die Weitergabe von Informationen ins Ausland strenge Regeln gelten, möchte die Kommission in einem neuen Artikel klar festhalten, unter welchen Bedingungen Teilnehmende am Schweizer Markt Daten zum Energiehandel an ausländische Regulierungsbehörden weitergeben dürfen.

Neben den Transparenzpflichten ist auch die Definition von Marktmanipulation ein zentraler Teil des Gesetzes. Die Kommission spricht sich einstimmig dafür aus, diese Definition zu erweitern: Auch die Änderung, der Rückzug oder andere missbräuchliche Verhaltensweisen in Bezug auf Handelsaufträge sollen davon erfasst werden. Eine Minderheit beantragt zusätzlich, die Definition von Marktmanipulation in einem anderen Aspekt enger zu fassen: Nur vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln soll darunterfallen. Die Mehrheit unterstützt hier mit 17 zu 6 Stimmen die Formulierung des Bundesrates, die sich am Finanzmarktrecht orientiert. Sie verweist dabei auf grosse Ähnlichkeit zwischen den Finanz- und den Energiemärkten.

Im Weiteren hat die Kommission den Bundesrat beauftragt, mit einer Änderung der Abfallverordnung die regulatorische Blockade beim Zink Recycling zu beheben. Sie hat der Kommissionsmotion 24.3475 einstimmig zugestimmt.

Die Kommission hat am 13. und 14. Mai 2024 unter dem Vorsitz von Nationalrat Christian Imark (V, SO) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Albert Rösti in Bern getagt. (parlament