Pragmatische Lösungen in der Klimapolitik

Bei der Differenzbereinigung zum CO2-Gesetz setzt sich die UREK-S für eine mehrheitsfähige Vorlage ein. In der Periode 2025 bis 2030 sollen bewährte Instrumente mit gezielten Förderanreizen kombiniert werden. Auf neue oder höhere Abgaben möchte die UREK-S wie der Nationalrat verzichten.
12.01.2024

Das ist eine Medienmitteilung der UREK-S – die darin publizierten Inhalte geben nicht notwendigerweise die Meinung des VSE wieder.

 

Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates (UREK-S) hat die Differenzen bei der Teilrevision des CO2-Gesetzes (22.061) beraten. In einigen wesentlichen Punkten beantragt die Kommission ihrem Rat, vom Beschluss des Nationalrates abzuweichen. So hält die Kommission mit 8 zu 3 Stimmen daran fest, keinen fixen Inlandanteil für die Emissionsreduktion vorzugeben. Aus Sicht der Kommission ist der vom Nationalrat geforderte 75-Prozent-Anteil nicht realistisch. Die Minderheit dagegen unterstützt diesen stärkeren Fokus auf Inlandmassnahmen.

Ladestationen: auf Marktkräfte statt Subventionen setzen

Mit 7 zu 3 Stimmen lehnt die Kommission die vom Nationalrat befürwortete Förderung von Ladeinfrastrukturen für Elektroautos ab. Ihres Erachtens ist es nicht Aufgabe des Bundes, solche Infrastrukturen in Mehrfamilienhäusern, bei Firmen oder auf öffentlichen Parkplätzen mitzufinanzieren. Die Minderheit dagegen beurteilt die Förderung von Ladeinfrastrukturen als effiziente Massnahme, um eine der Hürden für die weitere Verbreitung der Elektromobilität zu überwinden.

Keine Schweizer Sonderregelung für neue Personenwagen 

Anders als der Nationalrat will die Kommission bei den CO2-Zielwerten für neue Personenwagen keine jährlichen Zwischenziele festlegen. Sie beantragt mit 9 zu 3 Stimmen, nicht über die europäischen Regelungen hinauszugehen. Für die Schweizer Autoimporteure sollen wie bis anhin dieselben CO2-Vorschriften gelten wie in der EU, was Verlässlichkeit garantiere. Die Minderheit beantragt, bei den Neuwagen ambitionierter zu sein – angesichts der Tatsache, dass Autos mit Verbrennungsmotoren noch während vieler Jahre Emissionen verursachen.

Verzicht auf höhere Benzin- und Dieselpreise

In Sachen erneuerbare Treibstoffe beantragt die Kommission, sich dem Nationalrat anzuschliessen und die vom Bundesrat vorgeschlagene Überführungspflicht abzulehnen. Diese hätte die Treibstoffpreise zusätzlich um rund fünf Rappen verteuert. Darauf will die Kommission nun zugunsten einer breiten Akzeptanz des CO2-Gesetzes verzichten, mit 9 zu 2 Stimmen.

Emissionsarme Antriebstechnologien im Schwerverkehr und Strassen-ÖV

Auch bei der Schwerverkehrsabgabe nähert sich die Kommission dem Nationalrat an: Sie willigt mit 5 zu 4 Stimmen ein, sowohl für elektrische Lastwagen als auch für solche, die mit erneuerbaren Treibstoffen betrieben werden, die LSVA zu reduzieren. Allerdings soll die Reduktion nur während acht Jahren ab Inkrafttreten gelten. Die Minderheit beantragt, am Beschluss des SR festzuhalten und beim geltenden Recht zu bleiben.

Im Weiteren schlägt die Kommission einen Kompromiss bei der Mineralölsteuer für konzessionierte Transportunternehmen vor: In der Stadt soll diese ab 2026 fällig sein, auf dem Land erst ab 2030 – inklusive Ausnahmemöglichkeiten aus topografischen Gründen.

Kein Systemwechsel in der Klimapolitik

Mit 3 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen und Stichentscheid des Präsidenten gibt die Kommission der parlamentarischen Initiative 22.451 keine Folge. Aus Sicht der Kommission ist das Konzept einer allgemeinen Klimaabgabe zwar ein attraktiver Ansatz, aber er steht zeitlich und inhaltlich quer zur laufenden Revision des CO2-Gesetzes. Im Sinne einer pragmatischen Sachpolitik bemüht sich die Kommission um die Weiterentwicklung bestehender Massnahmen und lehnt einen Systemwechsel ab, wie ihn die parlamentarische Initiative verlangt. Die Kommission zeigt sich aber offen, verschiedene Optionen zur zukünftigen Ausgestaltung der schweizerischen Klimapolitik zu prüfen. Ein Teil der Kommission würde die parlamentarische Initiative gerne weiterverfolgen, da sie sich von der konsequenten Anwendung des Verursacherprinzips einen wesentlichen Fortschritt im Übergang zu Netto-Null verspricht.

Verhandlungsmandat für ein Stromabkommen mit der EU

Die Kommission hat sich vom zuständigen Mitglied des Bundesrates über das Mandat für Verhandlungen mit der Europäischen Union informieren lassen und hat dazu eine Aussprache geführt. Im Zentrum stand dabei das von Bundesrat angestrebte Stromabkommen mit der EU. Weiter hat sie in diesem Zusammenhang beschlossen, zwei Motionen zu dieser Thematik abzuändern: Sollten die mit der Motion 21.3500 geforderten politischen Verhandlungen nicht zu einer Einigung führen, sind technische Vereinbarungen mit der EU und/oder den betroffenen Mitgliedsstaaten und Netzbetreibern anzustreben, wie die Kommission einstimmig beantragt. Zudem soll der Bundesrat auch darauf hinwirken, dass Swissgrid technische Vereinbarungen mit den Übertragungsnetzbetreibern anderer Staaten abschliesst, so lange kein Stromabkommen mit der EU abgeschlossen ist. Die Kommission beantragt mit 8 zu 3 Stimmen bei einer Enthaltung, den Text der Motion 21.4500 entsprechend abzuändern.

Änderung des Zweitwohnungsgesetzes

Mit 10 zu 3 Stimmen hat die Kommission die Vorlage zur Änderung des Zweitwohnungsgesetzes angenommen (20.456). Ohne Abweichung stimmt sie dem Beschluss des Nationalrates zu. Aus Sicht der Kommission handelt es sich um eine massvolle Anpassung der Regelungen für altrechtlichen Bauten in Zweitwohnungsgemeinden. Neu sollen deren Eigentümer zusätzliche Möglichkeiten erhalten, ihre Häuser zu vergrössern und neue Wohnungen zu schaffen, ohne dass die Nutzung beschränkt wird. Die Minderheit beantragt, nicht auf die Vorlage einzutreten, die ihrer Ansicht nach nicht verfassungskonform ist.

Weitere Geschäfte 

Die Kommission hat ohne Gegenantrag beschlossen, die parlamentarische Initative «Mehr Transparenz und Integrität im Stromgrosshandel sorgt für faire Preise für Stromverbraucher» (21.510) abzulehnen. Sie weist darauf hin, dass die Anliegen der parlamentarischen Initiative durch die Vorlage «Bundesgesetz über die Aufsicht und Transparenz in den Energiegrosshandelsmärkten» (23.083) abgedeckt sind. Auch die parlamentarische Initiative «Harmonisierte Besteuerung von Abnahmevergütungen aus der Stromproduktion von Fotovoltaikanlagen» (21.529) lehnt sie ab, mit 6 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Die Kommission betont, dass die Photovoltaik mit der Energiepolitik des Bundes bereits hinreichend gefördert wird, insbesondere mit der letzten Revision des Energiegesetzes (21.047). Schliesslich ist sie ohne Gegenantrag auf die Vorlage zur Teilrevision des Wasserbau­gesetzes (23.030) eingetreten. Ebenfalls ohne Gegenantrag ist die Kommission auf die Vorlage zur Änderung des Energiegesetzes («Beschleunigungserlass», 23.051) eingetreten.

Die Kommission hat am 11. und 12. Januar 2024 unter dem Vorsitz von Ständerat Beat Rieder (M-E, VS) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Albert Rösti in Bern getagt. (parlament)