Anreize setzen für mehr Verbrauchsflexibilität

12.07.2024
Der VSE hat Möglichkeiten identifiziert, wie Stromlieferanten bestehende Stromprodukte anpassen können, um für Endverbraucher mit Marktzugang stärkere Anreize zur Verbrauchsflexibilisierung zu setzen. Damit reagiert er auf eine entsprechende Aufforderung des Bundes an die Strombranche. Die Ergebnisse der Untersuchung publiziert der VSE in einem Bericht. Ein separates Branchendokument fasst die Empfehlungen an die Branche zusammen.

Wenn der Strom knapp und die Strompreise hoch sind, kann allenfalls das Angebot weiter erhöht oder die Nachfrage reduziert werden. Beides setzt voraus, dass sowohl der preisliche Anreiz als auch die Fähigkeit bestehen, Produktion oder Verbrauch gemäss den Marktpreisen kurzfristig anzupassen – Flexibilität ist gefordert. Der VSE hat untersucht, wie die verbrauchsseitige Flexibilität noch besser gehoben werden kann, um die Versorgungssicherheit zu stärken.

Es zeigt sich, dass Stromlieferanten bereits heute und stetig zunehmend Stromprodukte für Endverbraucher mit Marktzugang anbieten, die Anreize zur Flexibilisierung des Verbrauchs schaffen. Allerdings wählen zurzeit noch relativ wenige Endverbraucher ein solches Produkt. Die Gründe dafür reichen von einer hohen Risikoaversion über hohe Opportunitätskosten und zusätzliche Kosten für ein proaktives Flexibilitätsmanagement bis hin zu mangelnden Informationen über Flexibilitätsprodukte. Um die Verbrauchsflexibilität besser zu heben, müssen diese Hemmnisse adressiert werden. Dazu sollten Stromlieferanten ihre bestehenden Stromprodukte so weiterentwickeln, dass sie für die Endverbraucher attraktiver werden. Je mehr Endverbraucher entsprechende Flexibilitätsprodukte abschliessen, desto rentabler wird es aufgrund von Skaleneffekten auch für Stromlieferanten, derartige Produkte anzubieten.

Verbrauchsflexibilität

Flexibilität ist die Fähigkeit, die Einspeisung oder Last in Reaktion auf ein Signal (Preissignal, Aktivierung, etc.) zu verändern. Bei Verbrauchsflexibilität geht es um kurz- bis maximal mittelfristige Verbrauchsanpassungen, d.h. um zeitliche Lastverschiebungen bzw. um Lastverzicht bis zu mehreren Tagen oder wenigen Wochen. Explizit nicht gemeint sind längerfristige Lastreduktionen bzw. Energieeinsparungen, welche unter Energieeffizienz oder -suffizienz einzuordnen wären.

Empfehlungen des VSE

Der VSE hat mehrere Möglichkeiten identifiziert, wie Stromlieferanten bestehende Produkte anpassen können, um für Endverbraucher stärkere Anreize zur Verbrauchsflexibilisierung zu schaffen. Dies soll vor allem durch eine stärkere Berücksichtigung der Risikoaversion der Endverbraucher erreicht werden. So können Fixpreisverträge standardmässig mit einer Verkaufsoption bei hohen Strompreisen angeboten werden. Profilverträge können mit Mengentoleranzbändern oder Preiscaps für die zum Spotpreis verrechneten Mengen erweitert werden. Zudem können Abweichungen vom definierten Profil in grösseren Abständen (und nicht stündlich) gemessen und verrechnet werden. Schliesslich können auch Spotverträge mit Preiscaps versehen werden.

Die detaillierten Empfehlungen des VSE sowie die wichtigsten Erkenntnisse der Untersuchung finden sich im Branchendokument «Vorschläge zur Hebung der Verbrauchsflexibilität bei Endverbrauchern im freien Markt». Der VSE veröffentlicht ausserdem den vollständigen Bericht zur Untersuchung. Damit reagiert er auf die Aufforderung des Bundes an die Strombranche, Marktprodukte zu entwickeln, die Anreize zur Flexibilisierung des Verbrauchs insbesondere in Knappheitssituationen schaffen. Ziel ist es, dass Endverbraucher in Knappheitssituationen die Nachfrage preisbedingt reduzieren und damit zur Versorgungssicherheit beitragen. Der Bund hatte diese Aufforderung im Kontext der Revision des Stromversorgungsgesetzes (StromVG) für die Stromreserve ausgesprochen, nachdem der Bundesrat sich entschieden hatte, vorerst keine Verbrauchsreserve umzusetzen.