Der CO2-Gehalt im Schweizer Strom steigt

Über das Gesamtjahr betrachtet steht die Schweiz bezüglich der Produktion von Strom aus erneuerbaren Quellen gut da. Weil Strom aus Solar- und Wasserkraft kaum CO2-Emissionen hat, lässt dies eine klimafreundliche Gesamtbilanz erwarten. Doch mindestens ebenso wichtig wie die Produktion ist der Verbrauch. Durch Import und Export unterscheiden sich diese beiden Grössen beträchtlich. Und der CO2-Gehalt des verbrauchten Stroms nimmt zu.
28.04.2023

Das ist eine Medienmitteilung von aliunid – die darin publizierten Inhalte geben nicht notwendigerweise die Meinung des VSE wieder.

 

Im vergangenen Jahr stammten nach Berechnungen des Schweizer Energie Startups aliunid 55% der Schweizer Stromproduktion aus Wasser-, Wind-, oder Solarkraft. Die Bemühungen um den Ausbau erneuerbarer Energien sind gross. Das lässt darauf schliessen, dass die Schweiz ihre Hausaufgaben punkto Klimaschutz im Bereich Strom gemacht hat.

Doch die Unternehmen und Haushalte in der Schweiz verbrauchen nicht genau den Strom, der produziert wird. Das Stromnetz ist mit dem Ausland verbunden und je nachdem, ob zu viel oder zu wenig Strom im Inland vorhanden ist, findet ein Austausch mit den Nachbarländern statt. Das Schweizer Energie-Startup aliunid hat auf Basis öffentlich verfügbarer Daten* die Zusammensetzung des Stroms berechnet, der in den vergangenen Jahren konsumiert wurde. Das Ergebnis: Ein beträchtlicher Teil des Stromverbrauchs wird durch fossile Energiequellen gedeckt.

Das wirkt sich auf den CO2-Gehalt des verbrauchten Stroms aus: Die CO2-Emissionen pro Kilowattstunde (kWh) Strom steigen. So lag der Durchschnitt 2021 bei 99 gCO2 pro kWh nach 71 gCO2 pro kWh im Jahr 2020. Im Jahr 2022 hat sich die Entwicklung fortgesetzt, mit 112 gCO2 pro kWh – ein Anstieg um 13% gegenüber 2021 sowie ein Plus von 58% gegenüber 2020. Auch bei den absoluten CO2-Emissionen des Schweizer Stromverbrauchs, lässt sich seit 2020 wieder ein Anstieg feststellen. Dies ist grösstenteils auf importierten Strom aus fossilen Energieträgern zurückzuführen.

Was ist der Grund für den Unterschied zwischen Produktion und Verbrauch?

Der in der Schweiz produzierte Strom aus flexibler Wasserkraft wird international gehandelt. Häufig wird dieser Strom ins Ausland exportiert, zumeist im Sommer. Wenn die Schweiz zu wenig eigene Energie hat, wie etwa im Winter, import sie Strom. Dieser stammt dann jedoch meistens aus fossilen und nukleraren Quellen. Zudem verbrauchen die Unternehmen und Haushalte in der Schweiz nicht nur genau dann Strom, wenn die Sonne scheint. Somit schwankt der CO2-Gehalt im Schweizer Strom im Verlauf eines Jahres, Monats und Tages beträchtlich.

Wie lässt sich dieses Problem lösen?

Eine Reduktion des CO2-Gehalts im verbrauchten Strom lässt sich schrittweise erreichen, zunächst durch eine möglichst transparente Dokumentation. Dafür braucht es aktuelle Daten – idealerweise im Sekundentakt. Erst wenn diese Informationen vorliegen, kann die Produktion bedarfsgerecht ausgebaut werden und Verbrauch und Produktion können aufeinander abgestimmt werden.

Herkunftsnachweise auf Jahresbasis können nicht glaubwürdig belegen, dass in jedem Zeitpunkt wirklich CO2-armer Strom in einen Haushalt geflossen ist, weil die Schwankungen im Strommix im Verlauf eines Jahres, Monats oder Tags so gross sind. Der Stromversorger garantiert einzig, dass er in einem Jahr genügend Zertifikate eingekauft hat.

Beispiel Elektroauto: Ein Tesla Modell 3 braucht 160 Wh pro Kilometer. Dabei entstehen 7 gCO2 pro Kilometer, wenn das Auto mit Solarenergie geladen bzw. betrieben wird. Ein Tesla, der im Jahr 2022 mit Schweizer Standard-Strom betrieben wurde, kam hingegen auf 18 g CO2 pro Kilometer, also fast drei Mal so viel. Ein Herkunftsnachweis auf Jahresbasis sagt nichts darüber aus, mit welchem Strom das Auto an einem bestimmten Tag tatsächlich geladen wurde.

Technisch ist die Erfassung von Echtzeit-Daten ab der bestehenden Zähler-Infrastruktur möglich. Das Energie-Startup aliunid hat Echtzeit Lösungen gemeinsam mit mehr als 30 Energieunternehmen umgesetzt. In den Gemeinden Wohlen, Adelboden und Murten können Kund:innen bereits ein Echtzeit Stromprodukt nutzen, welches jederzeit transparent belegt, dass der Strom aus lokaler Solarproduktion sowie aus Walliser und Tessiner Wasserkraft stammt.

Die Anwendung hilft Endkunden zudem beim Energiesparen, da der aktuelle und historische Verbrauch anwenderfreundlich auf dem Smartphone darstellt werden. Aktuell arbeitet aliunid gemeinsam mit Partnern, darunter dem Verein für umweltgerechte Energie (VUE), ausserdem an der Zertifizierung eines ökologischen Echtzeit-Stromprodukts.

Was bedeutet das für die künftige Stromversorgung in der Schweiz?

Wenn Energieversorger die Bedarfsprofile ihrer Kund:innen kennen, ist eine optimale, klimafreundliche Beschaffungsstrategie in einem Versorgungsgebiet möglich. Mit Kurzzeit-Prognosen können sie ihre Beschaffung optimieren. Auf dieser Basis entstehen Stromprodukte, die klimafreundliche Energie immer dann liefern, wenn sie wirklich benötigt wird. Zudem können Flexibilitäten im Versorgungsgebiet genutzt werden. Somit haben Echtzeit-Daten mittel- bis langfristig den positiven Effekt, dass der Ausbau der inländischen Energieversorgung bedarfsgerecht erfolgt. Der aktuelle CO2-Gehalt des Schweizer Standard-Strommix ist auf aliunid.com/strommix zu sehen, und zwar live, sowie für die vergangenen sieben Tage, 30 Tage und drei Monate. (aliunid)