Neue Ansätze bei der Grundversorgung mit Elektrizität

Die Energiekommission des Nationalrates möchte die Beschaffung von Elektrizität für gebundene Kundinnen und Kunden neu regulieren. Diese sollen besser vor Marktverzerrungen und Preisausschlägen geschützt werden. In der Grundversorgung soll über langfristige Verträge vermehrt inländische erneuerbare Elektrizität beschafft werden, was die Versorgungssicherheit stärkt. Zudem sollen bestimmte Elektrizitätsversorgungsunternehmen zu Effizienzmassnahmen verpflichtet werden.
22.08.2023

Das ist eine Medienmitteilung der UREK-N – die darin publizierten Inhalte geben nicht notwendigerweise die Meinung des VSE wieder.

 

Im Rahmen der Differenzbereinigung hat die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates (UREK-N) ihre zweite Beratung des Bundesgesetzes über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien abgeschlossen. In verschiedenen offenen Punkten macht sie dabei einen Schritt in Richtung Ständerat, im Sinne einer mehrheitsfähigen Vorlage. Im Bereich der Grundversorgung hält die Kommission mit 18 Stimmen ohne Gegenstimme bei 7 Enthaltungen an der Abschaffung der Durchschnittspreismethode fest, da diese zu Marktverzerrungen zulasten der gebundenen Kundinnen und Kunden führt. Elektrizitätsversorger sollen dazu verpflichtet werden, mindestens 50 % ihrer Produktion zu Gestehungskosten in der Grundversorgung abzusetzen.

Zudem sollen sie verpflichtet werden, ihre gebundenen Kundinnen und Kunden zu einem gewissen Anteil mit erneuerbarer Energie aus dem Inland zu beliefern. Dieser Anteil wird vom Bundesrat festgelegt und schrittweise erhöht. Damit soll die langfristige Nachfrage nach inländischer erneuerbarer Energie gestärkt werden, was entsprechende Investitionen fördert und damit die Versorgungssicherheit stärkt. Die übrige Elektrizität für die Grundversorgung sollen die Elektrizitätsversorger so beschaffen, dass die negativen Auswirkungen von Preisschwankungen möglichst gering sind.

Effizienzmassnahmen der Grundversorger 

Mit 18 zu 7 Stimmen hält die Kommission grundsätzlich daran fest, dass Elektrizitätslieferanten dazu verpflichtet werden sollen, neben ihrem Versorgungauftrag auch auf dem Gebiet der Energieeffizienz tätig zu werden. Eine Minderheit lehnt jegliche neue staatliche Effizienzmassnahme ab. Mit 13 zu 12 Stimmen hat die Kommission beschlossen, dass diese Pflicht lediglich für die Verteilnetzbetreiber gelten soll. Damit wären diese verpflichtet, bei ihren Kundinnen und Kunden in der Grundversorgung Massnahmen zur Effizienzsteigerung vorzunehmen. Alternativ können sie Nachweise für ergriffene Effizienzmassnahmen bei externen Dienstleistern oder anderen Verteilnetzbetreibern einkaufen. Es soll jedoch keine Sanktion geben, falls die Verteilnetzbetreiber ihre Zielvorgabe nicht erfüllen. Die Minderheit der Kommission will dieses Modell auch auf Elektrizitätslieferanten ausdehnen, die Endkundinnen und -kunden im freien Markt beliefern, da auch dort ein grosses Effizienzpotenzial bestehe. Eine weitere Minderheit möchte dem Bundesrat die Möglichkeit geben, im Rahmen dieses Modells Sanktionen vorzusehen, falls die Zielvorgaben verfehlt werden. Eine dritte Minderheit möchte die Verteilnetzbetreiber dazu verpflichten, mit einem Tarifbestandteil Effizienzmassnahmen bei Verbraucherinnen und Verbrauchern in der Grundversorgung zu finanzieren.

Bei der Kostenübernahme für die Verstärkung von Anschlussleitungen zur Einspeisung von erneuerbarer Elektrizität beantragt die Kommission mit 14 zu 11 Stimmen, dass der Anlagenbetreiber immer auch einen Teil der Kosten tragen muss. Für grössere Anlagen wird dieser Anteil reduziert.

Beschleunigte Verfahren für erneuerbare Energien

Die Kommission möchte die Bewilligungsverfahren für die wichtigsten Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien beschleunigen. Sie ist daher ohne Gegenantrag auf den Entwurf des Bundesrates zur Änderung des Energiegesetzes eingetreten. Aus Sicht der Kommission sind die heutigen Verfahren für den Ausbau der erneuerbaren Energien zu langwierig. Für den Erfolg der Energiewende ist es zentral, effizientere Ansätze für die Planung und Bewilligung entsprechender Anlagen zu entwickeln. Mit 16 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen hat sie es abgelehnt, die Vorlage an den Bundesrat zurückzuweisen. Die Minderheit möchte vom Bundesrat verlangen, die Vorlage zu überarbeiten und den Fokus auf andere Technologien zur Energieerzeugung zu legen.

Biodiversität: Handlungsbedarf bestätigt 

Die Kommission hat mit 13 zu 8 Stimmen bei 3 Enthaltungen am Eintreten auf den indirekten Gegenentwurf zur Biodiversitätsinitiative festgehalten. Sie bestätigt damit den Handlungsbedarf. Die Kommission ist überzeugt, dass rasch gehandelt werden muss, um den Verlust der Biodiversität in der Schweiz zu bremsen.

Als Brückenschlag zum Ständerat zeigt die Kommission die Bereitschaft, auf einen reduzierten Gegenentwurf einzugehen, sollte der Ständerat doch entscheiden, auf die Vorlage einzutreten und diese zu überarbeiten. Die Vorlage könnte sich auf die Eckwerte stützen, wie sie in der Eintretensdebatte im Ständerat geäussert wurden. Namentlich könnte der Fokus auf eine funktionale Vernetzung und auf die Steigerung der Qualität in bestehenden Biodiversitätsgebieten gelegt werden: das Landwirtschaftsrecht müsste nicht geändert, die Städte und Agglomerationen könnten hingegen stärker in die Pflicht genommen werden. Die Kommission ist zuversichtlich, dass mit dieser Handreichung der Ständerat zu einem Eintreten auf die Vorlage bewegt werden kann.

Anpassung des Zweitwohnungsgesetzes 

Die Kommission hat von der Stellungnahme des Bundesrates zur Vorlage (parlamentarische Initiative Candinas) Kenntnis genommen und den eigenen Gesetzesentwurf nochmals beraten. Mit 13 zu 12 Stimmen hält sie an ihrer Version fest: Bei der Erweiterung einer altrechtlichen Wohnung um maximal 30 Prozent soll es neu gleichzeitig möglich sein, diese in verschiedene Wohnungen ohne Nutzungsbeschränkung zu unterteilen. Ausserdem soll es auch beim Abbruch und Wiederaufbau eines altrechtlichen Hauses zulässig sein, die Fläche um bis zu 30 Prozent zu erweitern und zusätzliche Wohnungen ohne Nutzungsbeschränkung zu schaffen. Die Kommission ist überzeugt, dass die von ihr vorgeschlagene Lösung hilft, auch in Zweitwohnungsgemeinden zeitgemässen Wohnraum gestalten und finanzieren zu können.

Eine Minderheit der Kommission unterstützt den Bundesrat. Dieser beantragt, bei einer Erweiterung der Fläche um bis zu 30 Prozent zusätzliche Wohnungen nur dann zuzulassen, wenn diese als Erstwohnungen deklariert werden. Diese Einschränkung würde aus Sicht der Minderheit verhindern, dass durch die Gesetzesanpassung der Umnutzungsdruck auf altrechtliche Wohnungen steigt. Auch sei die Version der Kommissionsmehrheit nicht verfassungskonform. Was den Abbruch und Wiederaufbau von altrechtlichen Gebäuden betrifft, zeigt sich diese Minderheit wie der Bundesrat bereit, dieselbe Flächenerweiterung wie bei einer Sanierung zu erlauben. Die übrigen Minderheiten, die bereits im Entwurf aufgeführt sind, bleiben bestehen.

Revision des Wasserbaugesetzes 

Einstimmig hat die Kommission die Teilrevision des Wasserbaugesetzes in der Gesamtabstimmung gutgeheissen. Die Änderungen im Bundesgesetz über den Wasserbau und die damit verbundenen Anpassungen im Waldgesetz und Gewässerschutzgesetz sollen den risikobasierten Ansatz im Umgang mit Naturgefahren stärken. Zentral dabei ist eine integrale Planung.

Die Kommission unterstützt den Bundesrat darin, das Spektrum der abgeltungsberechtigten Massnahmen beim Hochwasserschutz zu erweitern. So sollen kostengünstigere Massnahmenkombinationen ermöglicht werden. Ergänzend beantragt die Kommission einstimmig, dass der Bund die Pflege neu gestalteter Gewässerräume jeweils während fünf Jahren mitfinanzieren kann. Damit will die Kommission die Qualitätssicherung der naturnahen Gewässergestaltung verbessern. Abgesehen von dieser punktuellen zusätzlichen Ausgabe möchte die Kommission die finanzielle Beteiligung des Bundes an Unterhaltsmassnahmen auf den Hochwasserschutz beschränken. Entsprechend folgt sie in dieser Frage mit 13 zu 11 Stimmen bei einer Enthaltung dem Bundesrat. Eine Minderheit beantragt, auch den ökologischen Unterhalt der Gewässer mitzufinanzieren.

Die Kommission hat vom 21. bis 22. August 2023 unter dem Vorsitz von Nationalrat Jacques Bourgeois (FDP/FR) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Albert Rösti in Bern getagt. (parlament)